Die entscheidende Entwicklung zur Ausgestaltung des Notariates als ein landesrechtliches Institut vollzog sich in Preußen im Verlaufe des 18. Jahrhunderts, wobei Preußen den Schlusspunkt mit der „Instruktion für die Notarien in den königlich preußischen sämtlichen Provintzien“ vom 11.7. 1771 setzte. Schon zu Anfang des 18. Jahrhunderts hatte man damit begonnen, das Notariat als landesrechtliches Institut auszugestalten. So legte bereits die neumärkische verbesserte Kammergerichtsordnung vom 11.12.1700 fest, dass Notare „im rechten studiret haben, und deßhalben von der Universität … ein gutes Zeugniß bringen“ müssen.

Die Entwicklung des Notariats zum landesrechtlichen Institut ging einher mit der Entstehung des Anwaltsnotariates in seiner heutigen Form. Das Notariat als ein Amt der öffentlichen Beurkundung war bis ins 18. Jahrhundert niemals notwendig mit einem anderen Amt verbunden gewesen. Das gemeine Recht ging von der Selbständigkeit des Notars aus. Eine Verknüpfung der Tätigkeit des Notars mit der als Advokat oder Prokurator war allerdings nicht schlechthin ausgeschlossen. Ein ausdrückliches Verbot, dass der Notar zugleich als Advokat oder Prokurator auftritt, findet sich jedoch in dem Edikt Kaiser Karls V. vom 3.8.1548: „Daß hinfür alle und jeder der offenen Notarien sich ihres Amtes halber und in den Sachen, darinnen sie als Notarien gebraucht, des Sollicitierens, Procurierens und dergleichen gänzlich und allgemein enthalten sollen, alles bei Vermeidung Unserer und des Reiches schwerer Ungnade und einer Strafe.“

Dieses Verbot beschränkte sich jedoch auf die Angelegenheiten, in denen der Notar vorbefasst war; das „Sollicitieren“ und „Procurieren“ in anderen Angelegenheiten blieb gestattet. Die Reichskammergerichtsordnung von 1555 (1. Teil, Titel 39, § 2) wiederholte diese Regelung. Das Problem einer Interessenkollision bei gleichzeitiger notarieller und anderweitiger Tätigkeit war mithin schon im 16. Jahrhundert bekannt. Die Verbindung des Notariats mit anderen Berufen war üblich, da das Notariat allein oft nicht als Lebensgrundlage ausreichte. Die Notare waren oft auch als Prokuratoren und Advokaten tätig oder hatten zugleich kirchliche oder städtische Ämter inne; abgesehen von den Vorbefassungsfällen war ihnen dies zumindest stillschweigend gestattet.

Die Entwicklung in Preußen im Verlaufe des 18. Jahrhunderts führte schließlich zu einer gesetzlichen Verbindung des Notariats mit einem bestimmten Sachwalteramt, dem des Justizkommissarius, schließlich mit der Advokatur. Diese grundsätzliche, gesetzlich begründete Verknüpfung zweier an sich grundlegend verschiedener und in der geschichtlichen Entwicklung bis dahin auch als unterschiedlich erkannter Tätigkeiten war die Folge der Reform des Gerichtsverfahrens unter Friedrich d. Gr. und seinem Nachfolger Friedrich Wilhelm II., die mit der ersten preußischen Notariats-Ordnung, der erwähnten „Instruktion für die Notarien in den königlichen preußischen sämtlichen Provintzien“ vom 11.7.1771 ihren vorläufigen Abschluss fand. Die Ausübung des Notariats wurde von einer königlichen Bestallung nach vorausgegangener Prüfung abhängig gemacht und die Verbindung des Notariats mit der Advokatur war zugelassen und üblich.

So hieß es in § 5 Abs. 2: „Ist der Notarius zugleich Advokat, so kann er so wenig zum Behuf eines Prozesses, worin er advocando dient, eine Notariatshandlung verrichten, noch in einer Sache, worin er ein Instrument aufgenommen, nachher einer der Parteien advocando bedient sein.“

Mit der neuen Prozessordnung „Corpus Juris Fridericianum“ 1. Buch vom 26.4.1781 wurden die Advokaten durch amtliche Assistenzräte ersetzt und daneben das Amt des Justizkommissars geschaffen, dem im Wesentlichen die Aufgabe der außerprozessualen Rechtsberatung und Vertretung zufiel. Diesem Justizkommissar wurden auch die Geschäfte des Notariates übertragen, so dass der Notar mithin als Gerichtsperson galt. Die Einrichtung der Assistenzräte erwies sich jedoch schon bald als unzweckmäßig und wurde zugunsten der Justizkommissare eingeschränkt, die damit immer stärker in die Stellung der Advokaten einrückten. Damit wurde um das Jahr 1781/82 eine bis dahin unbekannte grundsätzliche Verbindung zwischen der zwar amtlichen Advokatur und dem Notariat geschaffen, die von der Preußischen Allgemeinen Gerichtsordnung von 1793/95 zum immanenten Bestandteil der preußischen Gerichtsverfassung erhoben wurde. Das grundlegend Neue der preußischen Regelung war nicht das ausdrücklich zulässige Nebeneinander von Beurkundungs- und Beratungs- bzw. Vertretungsfunktionen, sondern die nunmehr zwingende gesetzliche Verbindung von Advokatur und Notariat, die zudem einem gemeinsamen Dienstrecht unterstellt wurden. Durch die Justizreformen des Jahres 1849 wurde der Justizkommissar schließlich in „Rechtsanwalt“ umbenannt, die Verbindung des Notariats mit der Rechtsanwaltschaft blieb bis auf wenige Ausnahmen bestehen; die verschiedentlich geforderte Trennung des Notariats von der Advokatur konnte sich auch in der Folgezeit in Preußen nicht durchsetzen.